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Pet Nat? Was ist das denn?

Pet Nat ist die Abkürzung für das französische Pétillant Naturel = Natürlicher Prickler - die ursprünglichste oder natürlichste Form des Schaum- oder Perlweins. Die Hipster der Weinszene, allen voran die Sommeliers, sind Treiber dieser Entwicklung, die eigentlich gar nicht so neu ist. Aber da sie aus der Ecke der Orange Weine jede Menge Unterstützung bekommt, wird Pet Nat mehr und mehr salonfähig. Viele dieser Pet Nat habe ich in den letzten Jahren probiert, die meisten ließen mich kopfschüttelnd und konsterniert zu dem Schluss kommen, dass noch viel passieren muss, bis Pet Nat die Gaumen entzückt. Mit dem Folie von Daumas Gassac haben wir nun endlich einen Pet Nat, der schmeckt!

Das Verfahren ist schon länger bekannt, der Blanquette de Limoux wird schon seit Jahrzehnten mit der sogenannten Méthode ancestrale oder auch Méthode rurale erzeugt und hat sogar seit 1938 eine eigene Appellation. Dabei gärt der Most in der Flasche, die Kohlensäure kann nicht entweichen.

Wie so Vieles in der Weinwelt ist Pet Nat eher aus einem Fehler entstanden: Ein Winzer an der Loire hatte einen restsüßen, nicht filtrierten Wein in Flaschen gefüllt. Die noch vorhandenen Hefen vergärten den Restzucker in der Flasche, und der Winzer machte aus der Not eine Tugend. Der jetzt trübe Weine mit seiner prickelnden Kohlensäure kam gut an und er nannte das Produkt Pet Nat.

Die neue Generation von Pet Nat hat diese Erfahrung mit viel Freiraum genutzt, denn es gab und gibt bis heute keine genaue Regelung. So sind die meisten Pet Nat trüb, können aber auch klar sein, manche sind trocken, andere restsüß, manche sind Perlweine, andere Schaumweine. Es gibt also keine klare Stilrichtung, viele sind eher als Alternative zu Cidre oder Äppelwoi zu sehen und nur wenige sind ernsthafte, seriöse Weine mit klarem Profil.

Als mir Naturwinzer zum ersten Mal diese merkwürdig trübe Brause vorstellten, war ich natürlich neugierig. Und wie so viele Orangeweine zu Beginn der Entwicklung war das erst einmal einen Anschlag auf den guten Geschmack. Man könnte das leicht als Fehlentwicklung brandmarken, aber der eine oder andere Wein hatte dann doch schon spannende Aspekte. Die völlig andere Aromatik stand an erster Stelle, und so konnte ich - wenn auch nur ganz wenigen - Produkten etwas abgewinnen. Ich war mir sicher, dass der Ehrgeiz der Winzer in den nächsten Jahren zu besseren und spannenderen Ergebnissen führt.

Was aber passiert, wenn sich ein Spitzenwinzer mit dem Phänomen Pet Nat beschäftigt? Samuel Guibert von Daumas Gassac - einem Spitzenbetrieb im nördlichen Languedoc - hat experimentiert und eine Lösung für sich gefunden. Er lässt die Chardonnay-Trauben erst einmal angären, steckt den gärenden Most in einen Drucktank und lässt der Natur ihren Lauf: Durch den steigenden Druck stoppt die Gärung, es bleibt eine dezente Restsüße im Wein. Er filtriert dann seinen Pet Nat, verliert dabei Druck, und füllt den klaren Prickler in eine Flasche, die er mit einem Kronkorken verschließt. Das hat en charmanten Vorteil, dass es ein Perlwein und kein Schaumwein ist, denn für Schaumweine wird eine entsprechende Steuer fällig.

Er nennt seinen Pet Nat Folie - Verrücktheit! Der Folie aus 100% Chardonnay ist klar, und vor allen Dingen ansprechend: Leicht perlend (im Sektglas hält sich die Perlage etwas länger als im Weinglas), funkelt er mit leuchtendem Strohgelb. Sein Duft nach Orangenschalen und Birne wird mit Noten von Jasmin und Lavendel ergänzt. Im Mund startet er erfrischend mit leichtem Bitzeln, ein angenehmes Mundgefühl, dann erst kommt die Frucht von gelbem Apfel, Bergamotte und Kalamansi. Seine dezente Restsüße von rund 6 Gramm lässt ihn trockener wirken als die meisten Champagner oder Prosecco. Das macht ihn zu einem herrlich unkomplizierten Aperitif, oder zu einem schönen Sommerwein beim Grillen.

Endlich ein Pet Nat, der nicht nur schmeckt, sondern auch begeistert.

Text: Frank Roeder MW