Kennen Sie die Steigerung von famos? Korrekt: Famoser

3. Januar 2023 News

Zugehörige Produkte

Als ich im späten August letzten Jahres das Weingut Comte de Thun in Gaillac besuchte, ging es nicht darum neue Weine zu entdecken. Ich wollte die Besitzer persönlich kennenlernen, mir einen Eindruck vor Ort verschaffen und genauer verstehen, wie es denn möglich ist, perfekt gereifte Weine auf ihrem Genusshöhepunkt in großer Vielfalt anzubieten.

Graf Ferdinand von Thun und Sohn Philipp haben es bei dem Besuch geschafft, mich nachhaltig zu beeindrucken. Ihr Philosophie, Weine erst dann zu zeigen, wenn sie die Trinkreife erreichen, ist schlichtweg begeisternd! Wir verkosteten im Sommer 2022 die Weine des Jahrgangs 2014, die erst jetzt, nach dem Jahrgang 2012, auf dem deutschen Markt angeboten wurden. Den Jahrgang 2013 hatte man einfach übersprungen, weil die Qualität nicht den persönlichen Vorstellungen entsprach und die Weine einfach lose, also im Tank und nicht auf Flasche gefüllt, an Kollegen verkauft.

Graf Ferdinand von Thun, Sohn Philipp und Önologe Ornaldo Caparro

Wer den 2014er La Parrazal oder die drei großen Weine La Maze, La Cabane und La Tarabelle als 2012er oder gar schon als 2014er probiert hat, wird meine Begeisterung nachvollziehen können.

Nach der Verkostung der sehr gelungenen 2014er Weine drucksten Ferdinand und Philipp etwas rum, und erst auf Nachfragen hin boten sie an, noch 2 sehr spezielle Weine zu verkosten. Wir begannen mit dem JAMAI aus dem Jahrgang 2015. Angeblich ein genialer Jahrgang, in dem alles gepasst hat. Der reinsortige Cabernet Franc - wie auch der La Cabane einer ist - hatte ein puristisches Etikett mit roter Schrift und eine dunkelrote Kapsel. Auf dem Etikett war zu lesen:

JAMAI - less than one.
Cabernet Franc 2015
Two families
One Passion
One Wine

Es folgen die Unterschriften von Graf Ferdinand von Thun und Riccardo Cotarella
Produit de France
2776/3700

Wenn man etwas genauer das Etikett über dem JAMAI betrachtete, konnte man als leichte Prägung die Silhouetten zweier Köpfe sehen, die die Köpfe von Graf von Thun und Cotarella zeigen sollten. Die offensichtliche Verbindung zu dem Kultwein OPUS ONE aus dem Napa Valley, der die Konterfeis der Schöpfer dieses Weins zeigt - Baron Philippe de Rothschild und Robert Mondavi - erklärte, dass es sich um die Schöpfung eines Ultra-Premium-Weines handelt. Ein sehr konzentrierter und stoffiger, tiefdunkler Rotwein mit gewaltiger Kraft und Tiefe, der sicher sehr sehr gut werden wird, aber noch lange nicht so offen und entwickelt ist, dass er grenzenlose Begeisterung auslöst.

Aber es ist ein Blick in die Zukunft, welche Möglichkeiten hier im provinziellen Gaillac möglich sind. Ich bin überzeugt, dass der Wein für Furore sorgen wird, denn solch ein Preisgefüge (man munkelt dreistellig) ist in dieser Region fern der Normalität. Da der Wein noch etwas Entwicklung braucht, gönnt man sich den Luxus, ihn erst in ein paar Jahren der Öffentlichkeit vorzustellen.

Der nächste Wein hat mich dann schier umgehauen und ist der eigentliche Anlass für diesen Beitrag: Der Famoser 631 aus dem gleichen Jahrgang 2015 ist eine Cuvée aus den Sorten Cabernet Franc (60%), Merlot (30%) und Syrah (10%, was die Lettern 631 erklärt. Die 3 Rebsorten reifen separat im Barrique, erst nach mehreren Jahren Reife im Holzfass werden sie miteinander vermählt.

Das expressive Bukett springt förmlich mit Aromen von dunklen Beerenfrüchten, Mokka, Leder und Zedernholz aus dem Glas, die Röstnoten vom Holz sind wunderbar integriert, das Ganze ist gewaltig beeindruckend und von Erhabenheit geprägt. Dieser erste Eindruck setzt sich am Gaumen fort: Dicht, strukturiert und mit herrlich reifen Gerbstoffen gesegnet gleitet der Wein saftig und frisch über die Papillen, zeigt Muskeln und Kraft, bleibt aber immer elegant und verführerisch mit seiner feinen Verspieltheit. Sekunde um Sekunde entdeckt man neue Aromen, quasi endlos lang klingt das betörende Finale aus. Definitiv ist der Famoser die Steigerung von famos! Die Produktionsmenge liegt bei knapp 1.400 Flaschen.

Jetzt aber wird es spannend, oder gar verrückt! Als ich nahc dem Preis für den Famoser fragte, erhielt ich als Antwort nur ein Achselzucken. Der Wein wird im Internet für 89 € angeboten, was ich persönlich als sehr ambitioniert finde für einen Wein, den kaum jemand kennt. Klar, die Qualität rechtfertigt vielleicht den Preis, aber wer gibt 89 € aus für eine Flasche Wein, der völlig unbekannt ist. Meine Argumentation hat die Herren von Thun überzeugt. Ich wollte den Wein deutlich günstiger anbieten, um ihn aufzubauen und die Weinliebhaber zu überzeugen, mit dem Famoser 631 einen Wein zu finden, der grandiose Qualität im optimalen Trinkfenster bietet und dafür weit weniger kostet. So konnten wir uns verständigen, den Wein zu einem Sensationspreis von 54 € anzubieten!

Text und Fotos: Frank Roeder MW

Zugehörige Produkte