Die 2023er Weine von Egon Müller sind eingetroffen
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Was Romanée Conti für den Pinot Noir, ist Egon Müller für den Riesling. Beide erzeugen die raresten, gesuchtesten und teuersten Weine ihrer Kategorie. Ungeachtet aller Krisen steigen die Preise für diese Weine in stratosphärische Höhen, was der Nachfrage keinen Abbruch beschert. Die Nachfrage überschreitet bei weitem das Angebot, schon seit Jahren werden die Weine zugeteilt.
Ich habe die Ehre, das Privileg und die Möglichkeit, jedes Jahr den kompletten Jahrgang mit allen Weinen auf dem Weingut verkosten zu dürfen. Doch dieses Jahr war alles anders:
Will man die 2023er Weine bewerten, reicht es nicht, sie wie gewohnt zu verkosten, zu beschreiben und zu benoten. Man muss in diesem Jahr die 2023er Weine von der Saar auch im Kontext der verheerenden Fröste im Frühjahr 2024 sehen.
Schon am Vortag, den 22. April 2024 machte sich Egon Müller große Sorgen über die kommende Nacht. Seine Reben hatten früh ausgetrieben, die zarten grünen Blätter glänzten im Sonnenlicht, der Wind ließ sie tanzen. Doch für die Vollmondnacht war Frost von -2 bis -3°C vorhergesagt. Die letzten ernsthaften Frostnächte mit großen Schäden lagen weit zurück. 1991 und 1997 bescherten Verluste von 50 bis 60%. Doch 2024 war weit schlimmer: Jede Parzelle war betroffen, zwischen 80 und 95% betrugen die Verluste. Die Konsequenz in diesem Herbst: Eine kurze Lese mit minimalen Mengen.
Es wird also kaum 2024er Wein von Egon Müller geben. Auch von den 2023er gibt es nicht wirklich viel, denn Hagel und Peronospora hatten die Menge deutlich dezimiert. Daher wird Egon Müller seine Weine nicht in die so wichtige diesjährige Versteigerung bringen. Er wird seine 2023er erst im nächsten Jahr in die Versteigerung einreichen, um die Einkommensverluste im nächsten Jahr ein wenig auszugleichen.
Mit einem NFC-Chip schützt Egon Müller seine Weine vor Fälschungen
Wer solch wertvolle Weine wie Egon Müller produziert, muss seine Weine vor Fälschungen schützen. Das geschieht bei Egon Müller seit dem Jahrgang 2022 mit einem NFC-Chip (siehe Foto oben). Geht man mit seinem Smart-Phone dicht an den Chip, erhält man alle Informationen zum Wein, inklusive Importeur. Sobald die Flasche geöffnet wird, erfolgt durch die Blockchain-Technologie eine Meldung an das Weingut. Die kleinste Beschädigung des Chips am Flaschenhals oder der Banderole über den Korken deklariert die Flasche als geöffnet. Das funktioniert sogar bei der Verwendung von Coravin! Hier ein Scan der Flasche, die wir im Juli verkosteten, vor der Öffnung.
Doch nun zu den 2023er Weinen. Da es von einigen Weinen kaum noch Mengen gibt, haben wir uns auf die wichtigsten Weine konzentriert.
2023 Scharzhofberger Kabinett, 8.0%: Verschlossen, was in diesem frühen Stadium keine Seltenheit ist, kräuterige Nase, Am Gaumen saftig, viel weißer Pfirsich, salzig mineralisch kaum kräuterig (sonst ist das wesentlich stärker ausgepärgt), tolle, reife Säure, verspielt, relativ leicht, weniger beeindruckend als sonst. Er braucht dringend Luft und verbessert sich im Glas, bleibt aber irgendwie diffus. Ich erläutere meine Eindrücke, die dann auch bestätigt werden. Wir öffnen eine 2. Flasche, und jetzt ist der Kabinett wunderbar klar, präzise und zeigt gewohnte Präzision und Vielschichtigkeit. Braucht noch viel Zeit zur Entwickklung, ist aber so straff und stoffig, dass er Jahrzehnte reifen kann. 94-95 Punkte.
2023 Scharzhofberger Spätlese, 7,0%: Zurückhaltendes Bukett, kräuterig, weißer Pfirsich ein Hauch Ananas und Passionsfrucht; herrlich saftig am Gaumen mit deutlicher Süße, viel weißer Pfirsich, Mango, Maracuja, dezent kräuterig, mit markanter, vibrierender, packender Säure, die begeistert, herrlich balanciert, super delikat, dezent Botrytis, feiner Schmelz, er hat wohl die Süße des 21ers und die Säure des 22ers, das beste aus beiden Welten! Sehr lang, hoch komplex und präzise, ein Edelstein. 96-97 Punkte
2023 Scharzhofberger Auslese, 8,0%: Schon im ausladenden Bukett deutliche Botrytisnoten, geradezu laktisch, sahnig nebst üppiger tropischer Frucht. Am Gaumen packt eine sehr rassige, straffe leicht spitze Säure (die Versteigerungs-Auslese soll sogar schmerzhafte 18 g/L haben), relativ gemäßigte Süße (99 g/L RZ), alles steht noch ein wenig nebeneinander, aber das wird sich finden. Ein Langläufer, der Zeit braucht. Viel salzige Mineralität, großartige Spannung. Riesenpotenzial, am besten wegpacken ud in 10 Jahren wieder kosten, im Finale eine dezente Bitternote, die aber überhaupt nicht stört und eher zur Komplexität beiträgt. Endlos lang. 98-99 Punkte
Zum Abschluss gab es - wie immer - etwas gereiftes. Die 97er Le Gallais Wiltinger Braune Kupp Auslese Goldkapsel ziegte im Duft deutliche Reifenoten, Quittengelee, äterisch nach Minze und Eukalyptus duftend. Saftig und creig am Gaumen, Mandarinen, hochreife Marillen, Maracuja, mit bestens eingebundener Säure, herrlich gereift, sehr stimmig, feine kräuterige Noten im sehr langen Finale. 93 Punkte
Fazit: Die 2023er Scharzhofberger von Egon Müller sind hervorragend, mit sehr großem Reifepotenzial dank niedriger Erträge (und damit hohem Extrakt) und straffer Säure. Eine Referenz für kommenden Jahre! Für die Riesling-Freaks und Egon Müller Fans trotz der Preise ein absolutes Muss! Die Le Gallais Weine sind dieses Jahr dicht an den Scharzhofberger Weinen dran.
Text und Fotos: Frank Roeder MW
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