Zwei spektakuläre Entdeckungen: Sauvignon Blanc Fumé von Korrell und Riesling Réserve Auf der Mauer von Bassermann-Jordan

2. Dezember 2022 News   Korrell, Auf der Mauer, Réserve, Sauvignon Blanc, Riesling, Bassermann-Jordan

Das ist mir in meiner inzwischen mehr als 30 Jahren Tätigkeit in der Weinbranche respektive Weinhandel noch nicht passiert. Da glaubt man, man kennt alles, kann mit einem Blick aufs Etikett und den Namen des Winzers bzw. der Herkunft schon in etwa voraussagen, wie der Wein schmecken wird, und erlebt dann doch etwas ganz anderes. Etwas Unerwartetes, etwas Aufregendes, etwas Schönes und Begeisterndes.

So erging es mir gleich zweimal in diesem Jahr:

Im September schickte mir Martin Korrell, der Aufsteiger an der Nahe, eine Musterflasche. Ohne Etikett, nur mit einem handgeschriebenen Aufkleber, der Rebsorte und Alkoholgehalt verriet. Es war ein Sauvignon Blanc Fumé aus dem Jahrgang 2021 mit nur 11,5% Alkohol. Nun erhalte ich täglich mehrere Muster, und nur selten komme ich dazu, diese zeitnah zu verkosten. Aber dieses Muster hatte meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit, denn Sauvignon Blanc ist zwar zurzeit ziemlich angesagt, aber als Fumé gibt es ihn dann doch eher selten. Und 11,5% Alkohol fand ich für einen Wein, der im Holzfass reifte, als eine Kampfansage!

Nun kenne ich Martin Korrell schon ein paar Jahre, und seine Weine sogar noch ein wenig länger. Ich weiß wie er tickt, wie ehrgeizig und zielorientiert er arbeitet, wie wichtig ihm seine eigene Stilistik ist und welche Erfolge er damit erzielt hat. Mich haben seine großen Wein schon immer begeistert, aber fasziniert war ich von den Weinen, die er mit weniger Alkohol als üblich abfüllt. Ich erinnere mich noch gut an seinen Riesling Dry, also ein trockener Riesling mit nur 10% Alkohol. Wie macht er das, wie bekommt er das hin, dass ein trockener Riesling mit so wenig Alkohol so toll schmecken kann, und nie den Eindruck eines Leichtgewichts erzielt?

Das Muster durfte - wie bei mir üblich - nach dem Paketversand noch einen Tag ruhen. Doch schon bevor ich den Korkenzieher ansetzen konnte, kam ein Anruf vom Weingut Korrell mit der Nachfrage, wie mir denn der Fumé gefallen würde. Die Bitte, ihn schnellstmöglich zu verkosten und darüber nachzudenken, die gesamte Produktion zu kaufen, brachte mich dann zügig zu diesem Wein:

Im Duft noch verhalten, tatsächlich sogar etwas rauchig, lange nicht so expressiv wie viele andere Sauvignons, die förmlich aus dem Glas springen. Also kein Lautschreier, sondern eher ein Leisetreter, der sich an der Luft entwickelt und erst nach und nach seine Schönheit offenbart. Mit jeder Minute entwickelte er seinen Duft subtil weiter, neben den Fruchtaromen von Kapstachelbeeren, dezent Passionsfrucht, zarten floralen Noten waren Holznoten nur dezent wahrnehmbar. Der erste Schluck offenbarte dann die Klasse und Finesse des Weines: Leichtfüßig wie eine Ballerina tänzelten die Aromen auf der Zunge, Pirouetten drehend, mit einer komplett anderen Aromatik als erwartet: Keine grünen oder grasigen Noten, keine grüne Paprika, Tomatenblätter oder Buchsbaum, keine Passionsfrucht oder sonstige tropischen Früchte. Es war ein eher traubig geprägte Fruchtspektrum, mit etwas Kapstachelbeeren, aber die Frucht drängte sich nicht auf. Sie war einfach da, präsent, super balanciert mit einer extrem feinen, reifen Säure, aufs Feinste unterstützt von sehr klaren, aber noch viel dezenteren Holznoten, die eher im Hintergrund stützen als die Hauptrolle spielen zu wollen.

Der Wein aus niedrigen Erträgen wurde im neuen Tonneau vergoren und ausgebaut, das muss man sich trauen bei einem Erstlingswerk! Martin Korrell hat das aber so virtuos hinbekommen, wie das nur wenige Drei-Sterne-Köche schaffen: In perfekter Harmonie schwebend, geradezu sphärische Leichtigkeit, und doch mega beeindruckende Harmonie. Mir war sofort klar, dass dies ein brillanter Wein ist, den die Liebhaber von Finesse und Eleganz zu schätzen wissen. Ein Griff zum Telefon, und ich hatte die gesamte Produktion gekauft! Eine Premiere nach 30 Jahren im Weinhandel!

Mitte November erging es mir ähnlich, und doch anders: Bei einem Besuch des Weinguts Bassermann-Jordan in der Pfalz drückte mir Verkaufsleiter Tanno Reck zum Abschied eine Flasche Wein in die Hand. Sie war zwar mit dem bekannten Jugendstil-Etikett ausgestattet, das hatte aber eine ganz andere Farbe. Ich las Riesling Réserve Auf der Mauer. Der Riesling Auf der Mauer ist schon seit vielen Jahren wichtiger Bestandteil in unserem Sortiment, und wohl der bekannteste und erfolgreichste Wein des Weinguts, aber die Réserve hatte ich bisher noch nicht gekannt. Tanno meinte, ich sollte ihn mal probieren, er hätte noch einige Kisten davon, brauche aber alsbald möglich Rückmeldung von mir, wenn ich etwas davon haben wollte.

Also probierte ich ihn am nächsten Tag, und wieder war da dieses AHA-Erlebnis, wie ich es oben schon beim Sauvignon Blanc Fumé von Korrell beschrieben habe: Ein Wein völlig anders als meine Erwartungen, ein Riesling mit deutlicher Holzprägung. Ein Weinstil, den ich eigentlich gar nicht mag, weil die Klarheit und Präzision der Aromatik von dem Holz meist kaschiert wird. Aber nicht hier: Das Holz ist präsent, keine Frage, aber es ist so gut eingebunden, dass es eine Bereicherung der Aromatik ist. 

Der begnadete Kellermeister von BJ, Ulli Mell, hat den Riesling Reserve Auf der Mauer aus dem Mega-Jahrgang 2018 spontan im Tonneau vergoren und ausgebaut. Es ist erstaunlich, wie gut sich die Holzaromatik nach zwei Jahren Flaschenreife mit den Riesling-Aromen verbindet und ein harmonisches Ganzes ergibt. Auch das feine Säurespiel des Riesling geht Hand in Hand mit den subtilen Holznoten und ergibt ein völlig neues Gesamtbild, wie man es von dem normalen Auf der Mauer eben nicht kennt. Die Reserve ist ein formidabler Essensbegleiter, der zu Gerichten mit Grill- und Röstaromen bestens passt. Dorade mit feinen Kräutern vom Grill, gebeizter Lachs mit Senf-Dill-Marinade, Pulled-Pork aus dem Smoker, Provolone Käse sind meine Favoriten.

Was soll ich sagen: Ich habe den Rest aufgekauft!

Kommen Sie vorbei und probieren Sie diese Weine, die so aufregend anders sind. Aber ganz sicher sind sie auch - mit dem passenden Essen dazu - formidable Festtagsweine!